Design

Corporate Language: Erkennt man Sie an Ihren Worten?

Woraus eine Website besteht, ist schnell gesagt: natürlich aus Bildern und Text. Wenn man es genauer betrachtet, noch aus einzelnen Wörtern, beispielsweise in der Navigation. Eventuell auch aus grafischen Elementen. Während bei der Kreation einer neuen Website Struktur, Gestaltung und Inhalte intensiv diskutiert werden, spricht jedoch kaum jemand über die Sprache.

Anette Tautz


Wie wichtig klare Charakteristika für den Ausdruck sind

Erfahrungsgemäß geht es bei der Neugestaltung einer Website hoch her: Was soll die Seite können? Welche Funktionen müssen enthalten sein? Newsletteranmeldung? Kommentarfunktion? Online-Shop? Chat?

Auch Firmen- und Produktnamen wird viel Aufmerksamkeit geschenkt. Sie sollen prägnant und unverwechselbar klingen. Der Name soll bei der Zielgruppe die gewünschten Assoziationen und positive Gefühle auslösen. Darüberhinaus wird über die eingesetzte Sprache wenig gesprochen. Während das Corporate Design ausgearbeitet und bei der Gestaltung einer Website bedacht wird, spielt Corporate Language oft keine große Rolle, obwohl sie Teil der Corporate Identity ist.

“Sprache ist ein Brand Building Factor”, findet Armin Reins, Autor des Klassikers “Corporate Language” und des kürzlich erschienenen Nachfolgers “Text $ells”. Sprache ist immer ganz nah am Produkt: Sie taucht auf in Broschüren und Flyern, Katalogen, auf der Internetpräsenz, auf Vordrucken, in Schreiben, Angeboten, am Telefon, in der Werbung. Sogar auf dem Produkt selbst oder seiner Verpackung findet sich Sprache.

Welche Markenpositionierungen sollen in die Sprachpositionierung einfließen?

Für den Transport von Inhalten ist Sprache ein wesentliches Medium. Deshalb können die Fragen nur sein: Wie wollen wir klingen? Wie spricht der Markt? Wie spricht die Konkurrenz?

Der Internetauftritt soll den Anspruch der Marke transportieren und den Claim des Unternehmens einlösen. Von einem Unternehmen erwarten wir, dass es auch bei seinem Webangebot denselben Einsatz und dieselbe Sorgfalt walten lässt, die wir von ihm aus anderen Bereichen gewöhnt sind.

Sprache muss auch als individuell und markenspezifisch wahrgenommen werden. Bei einigen Marken reicht ein einziges Wort, um die gewünschte Assoziation zu wecken.

IKEA´s Sprache ist unverwechselbar

Ein Unternehmen, das von Anfang an konsequent eine Corporate Language entwickelt hat, ist IKEA. Der Auftritt der Firma ist überall gleichbleibend und wiedererkennbar: in seinen Möbelhäusern, im Online-Shop und dem angebundenen “hej”-Magazin.  Auch die sozialen Netzwerke Facebook, Instagram und YouTube werden im selben Stil bespielt.
“Wohnst Du noch oder lebst Du schon?” IKEA spricht direkt an und duzt seine Zielgruppe in Deutschland schon seit 2004. (Nur im Geschäftskunden-Bereich wird neuerdings gesiezt.)

Eine lebendige Marke wird zur eigenständigen Persönlichkeit.

Die Sprache erschafft ein Image, das frisch und kreativ wirkt. Mittlerweile hat IKEA diese Sprache auch als Arbeitgeber eingesetzt – mit großem Erfolg.
Durch den konsequenten Einsatz von Corporate Language geschieht bei IKEA weit mehr als nur eine Glättung und Anpassung der Sprache. Das Auftreten wird harmonisiert und die Marke wird so gleichsam zu einer Persönlichkeit. Kunden fühlen sich direkt angesprochen und haben das Gefühl, IKEA “zu kennen”.

Die Zielgruppe erzählt nun selbst Geschichten über IKEA – ein Zeichen, dass die Marke lebt. Das ist auf den Social-Media-Kanälen sichtbar. Kunden erstellen hier Content, der ihre eigenen Erlebnisse mit der Marke wiederspiegelt.
Der Erfolg ist nicht mit den Produkten allein zu begründen, so originell, praktisch oder preiswert sie auch sein mögen – er ist durch den konsequenten Aufbau der Marke zur Persönlichkeit erklärbar.


So wie IKEA haben auch andere Marken ihre eigene Sprache gefunden: Beispielsweise Nivea mit einer ausgeprägten Terminologie zu Pflege und Zartheit. Der Begriff “Pflege” reicht, um die Marke zu erkennen. Oder McDonalds und Starbucks mit eigenen Produktbezeichnungen, die landes- und z.T. weltweit einheitlich sind. Die beiden Unternehmen geben auch sprachliche Standards vor, mit denen Angestellte ihre Bestellungen aufnehmen. Hier reicht die Frage “Zum Mitnehmen oder Hieressen?”  – die immer gleichen Fragen bewirken einen hohen Wiedererkennungswert und damit eine Orientierung für die Kunden. Gerade große, international operierende Firmen entwickeln eine Corporate Language. Aber auch kleineren Unternehmen gelingt auf diese Weise eine Schärfung ihres Profils.

Wie finde ich zu meiner eigenen Corporate Language?

Wenn die Marken-Positionierung in eine Sprach-Positionierung münden soll – wie kann ein Unternehmen seine eigene Corporate Language entwickeln? Spätestens beim Relaunch des Webauftritts sollte diese Frage beantwortet werden. Es können Inhalte, Tonalität, Stil, Terminologie und Wortwahl festgelegt werden. Das Unternehmen kann Themen und Begriffe identifizieren, die besonders gut zu ihm passen und von denen es möchte, dass sie verwendet werden. Ebenso wird es Wörter und Sätze geben, auf deren Gebrauch es verzichten möchte. Für all diese Fragen kann ein Corporate-Language-Handbuch angefertigt werden, das dann hilfreich für alle Mitarbeiter ist. So kann die Sprache in sämtlichen Kommunikationsmitteln in Stil, Wortwahl und Tonalität einheitlich eingesetzt werden. Damit die Kommunikation mit Kunden per Brief ähnlich ausfällt wie über Facebook. Das schafft einen hohen Wiedererkennungswert an den unterschiedlichsten Touchpoints.

Wenn bei einem neuen Internetauftritt das Layout passt, die Farben gefallen, und die Schriftart stimmt, ist alles nur noch eine Frage der Sprache, um die Website stimmig und erfolgreich zu machen.